Wilhelm Friedemann Bach |
Komponisten

Wilhelm Friedemann Bach |

Wilhelm Friedemann Bach

Geburtsdatum
22.11.1710
Datum des Todes
01.07.1784
Beruf
Komponist
Land
Deutschland

… er sprach mit mir über Musik und über einen großen Organisten namens WF Bach … Dieser Musiker hat eine herausragende Begabung für alles, was ich gehört habe (oder mir vorstellen kann), in Bezug auf die Tiefe des harmonischen Wissens und die Kraft der Aufführung … G. van Swiegen – Fürst. Kaunitz-Berlin, 1774

Die Söhne von JS Bach haben die Musik des XNUMX. Jahrhunderts stark geprägt. Die glorreiche Galaxie von vier Komponistenbrüdern wird zu Recht vom ältesten von ihnen, Wilhelm Friedemann, angeführt, der in der Geschichte den Spitznamen des „gallischen“ Bach erhielt. Der Erstgeborene und Günstling sowie einer der ersten Schüler seines großen Vaters, Wilhelm Friedemann, beerbte die ihm vererbten Traditionen weitestgehend. „Hier ist mein geliebter Sohn“, soll Johann Sebastian der Legende nach gesagt haben, „mein guter Wille ist in ihm.“ Es ist kein Zufall, dass der erste Biograf von JS Bach, I. Forkel, glaubte, dass „Wilhelm Friedemann in Bezug auf die Originalität der Melodie seinem Vater am nächsten stand“, und die Biografen seines Sohnes wiederum zählen ihn zu den „ die letzten Diener der barocken Orgeltradition.“ Eine andere Eigenschaft ist jedoch nicht weniger charakteristisch: „Ein Romantiker unter den deutschen Meistern des musikalischen Rokoko.“ Eigentlich gibt es hier keinen Widerspruch.

Wilhelm Friedemann war in der Tat gleichermaßen rationaler Strenge und ungezügelter Fantasie, dramatischem Pathos und durchdringender Lyrik, transparenter Pastoralität und Elastizität von Tanzrhythmen unterworfen. Von Kindesbeinen an wurde die musikalische Ausbildung des Komponisten auf eine professionelle Basis gestellt. Für ihn begann der erste JS Bach „Lektionen“ für das Klavier zu schreiben, die zusammen mit ausgewählten Werken anderer Autoren in das berühmte „Klavierbuch von WF Bach“ aufgenommen wurden. Das Niveau dieser Unterrichtsstunden – hier Präludien, Inventionen, Tanzstücke, Bearbeitungen des Chorals, die zu einer Schule für alle nachfolgenden Generationen geworden sind – spiegelt die rasante Entwicklung Wilhelm Friedemanns als Cembalist wider. Es genügt zu sagen, dass die Präludien von Band I des Wohltemperierten Klaviers, die Teil des Heftes waren, für einen zwölfjährigen (!) Musiker bestimmt waren. 1726 kam zum Klavierstudium Violinunterricht bei IG Braun hinzu, und 1723 absolvierte Friedemann die Leipziger Thomasschule, nachdem er an der Universität Leipzig eine solide Allgemeinbildung zum Musiker erhalten hatte. Gleichzeitig ist er aktiver Assistent von Johann Sebastian (damals Kantor der Thomaskirche), der die Proben und Festplanungen leitete und oft seinen Vater an der Orgel vertrat. Höchstwahrscheinlich erschienen damals die Sechs Orgelsonaten, geschrieben von Bach, so Forkel, „für seinen ältesten Sohn Wilhelm Friedemann, um ihn zum späteren Meister des Orgelspiels zu machen“. Es ist nicht verwunderlich, dass Wilhelm Friedemann mit solcher Vorbereitung die Prüfung für das Organistenamt an der Sophienkirche in Dresden (1733) bravourös bestand, wo man ihn jedoch bereits am zuvor gemeinsam gegebenen Clavirabend erkennen konnte JohannSebastian. Vater und Sohn spielten Doppelkonzerte, die anscheinend von Bach senior eigens für diesen Anlass komponiert wurden. 13 Dresdener Jahre sind eine Zeit intensiver kreativer Entwicklung des Musikers, die durch die Atmosphäre eines der glänzendsten Musikzentren Europas wesentlich gefördert wurde. Im Kreis der neuen Bekannten des jungen Leipzigers, dem Leiter der Dresdner Oper, stehen der berühmte I. Hasse und seine nicht minder berühmte Frau, die Sängerin F. Bordoni, sowie höfische Instrumentalmusiker. Die Dresdner wiederum waren fasziniert von den Fähigkeiten des Cembalisten und Organisten Wilhelm Friedemann. Er wird Modepädagoge.

Gleichzeitig musste der Organist der evangelischen Kirche, dem Wilhelm Friedemann auf Wunsch seines Vaters zutiefst treu blieb, im katholischen Dresden eine gewisse Entfremdung spüren, die ihm wohl den Anstoß gab, in ein angeseheneres Berufsfeld zu wechseln Die protestantische Welt. 1746 übernahm Wilhelm Friedemann (ohne Gerichtsverfahren!) das sehr ehrenvolle Amt des Organisten an der Liebfrauenkirche in Halle und wurde ein würdiger Nachfolger von F. Tsakhov (Lehrer GF Händel) und S. Scheidt, die einst ihre Gemeinde verherrlichten.

Wie seine bemerkenswerten Vorgänger zog Wilhelm Friedemann die Schar mit seinen inspirierten Improvisationen an. „Gallic“ Bach wurde auch der Musikdirektor der Stadt, zu dessen Aufgaben die Durchführung von Stadt- und Kirchenfesten gehörte, an denen die Chöre und Orchester der drei Hauptkirchen der Stadt teilnahmen. Vergessen Sie nicht Wilhelm Friedemann und seine Heimatstadt Leipzig.

Die gallische Zeit, die fast 20 Jahre dauerte, war nicht wolkenlos. „Der ehrwürdigste und gelehrteste Herr Wilhelm Friedemann“, wie er zu seiner Zeit in der gallischen Einladung genannt wurde, erwarb sich den den Stadtvätern anstößigen Ruf eines freigeistigen Mannes, der den nicht bedingungslos erfüllen will „Eifer für ein tugendhaftes und vorbildliches Leben“ im Vertrag festgelegt. Auch ging er zum Unmut der kirchlichen Obrigkeit oft auf die Suche nach einem günstigeren Platz. Schließlich gab er 1762 den Status eines Musikers „im Dienst“ vollständig auf und wurde vielleicht der erste freie Künstler in der Musikgeschichte.

Wilhelm Friedemann hörte jedoch nicht auf, sich um sein öffentliches Gesicht zu kümmern. So erhielt er nach langjährigen Forderungen 1767 den Titel eines Darmstädter Hofkapellmeisters, lehnte jedoch das Angebot ab, diese Stelle nicht nominell, sondern faktisch zu übernehmen. In Halle lebend, verdiente er kaum seinen Lebensunterhalt als Lehrer und Organist, der Kenner dennoch mit der feurigen Weite seiner Fantasien verblüffte. 1770 zog Wilhelm Friedemann aus Armut (der Nachlass seiner Frau wurde unter dem Hammer verkauft) mit seiner Familie nach Braunschweig. Biografen halten die Braunschweiger Zeit für besonders schädlich für den Komponisten, der sich auf Kosten ständiger Studien wahllos verausgabt. Die Nachlässigkeit Wilhelm Friedemanns wirkte sich traurig auf die Aufbewahrung der Manuskripte seines Vaters aus. Als Erbe unbezahlbarer Bach-Autographen war er bereit, sich leicht von ihnen zu trennen. Erst nach 4 Jahren erinnerte er sich zum Beispiel an seine folgende Absicht: „… meine Abreise aus Braunschweig war so übereilt, dass ich keine Liste meiner dort verbliebenen Notizen und Bücher erstellen konnte; über Die Kunst der Fuge meines Vaters… Ich erinnere mich noch, aber andere kirchliche Kompositionen und jährliche Sets…. Euer Exzellenz … sie haben versprochen, mich bei einer Auktion zu Geld zu machen, unter Beteiligung eines Musikers, der solche Literatur versteht.

Dieser Brief kam bereits aus Berlin, wo Wilhelm Friedemann am Hof ​​von Prinzessin Anna Amalia, der Schwester Friedrichs des Großen, eines großen Musikliebhabers und Mäzens, freundlich empfangen wurde, die sich über die Orgelimprovisationen des Meisters freute. Anna Amalia wird seine Schülerin, ebenso Sarah Levy (F. Mendelssohns Großmutter) und I. Kirnberger (Hofkomponist, einst Schüler von Johann Sebastian, Förderer von Wilhelm Friedemann in Berlin). Statt Dankbarkeit hat der frischgebackene Lehrer Blicke auf Kirnbergers Platz, doch die Spitze der Intrige wendet sich gegen ihn: Anna-Amalia beraubt Wilhelm Friedemann ihrer Gnade.

Das letzte Jahrzehnt im Leben des Komponisten ist geprägt von Einsamkeit und Enttäuschung. Das Musizieren im engen Kennerkreis („Als er spielte, überfiel mich eine heilige Ehrfurcht“, erinnert sich Forkel, „alles war so majestätisch und feierlich …“) war das Einzige, was düstere Tage erhellte. 1784 stirbt Wilhelm Friedemann und hinterlässt Frau und Tochter ohne Existenzgrundlage. Es ist bekannt, dass eine Sammlung von der Berliner Aufführung von Händels Messias im Jahr 1785 zu ihren Gunsten gespendet wurde. Das ist das traurige Ende von Deutschlands erstem Organisten, heißt es in der Todesanzeige.

Wesentlich schwieriger ist die Erforschung des Nachlasses Friedemanns. Erstens, so Forkel, „hat er mehr improvisiert als geschrieben“. Außerdem können viele Manuskripte nicht identifiziert und datiert werden. Auch Friedemanns Apokryphen sind nicht vollständig erschlossen, auf deren mögliche Existenz nicht ganz plausible Substitutionen hinweisen, die zu Lebzeiten des Komponisten entdeckt wurden: In einem Fall versiegelte er die Werke seines Vaters mit seiner Unterschrift, in einem anderen Fall im Gegenteil welches Interesse der handschriftliche Nachlass Johann Sebastians weckt, fügte er ihm zwei seiner eigenen Werke hinzu. Lange Zeit schrieb Wilhelm Friedemann auch das Orgelkonzert in d-Moll zu, das uns in einer Bach-Kopie überliefert ist. Wie sich herausstellte, gehört die Urheberschaft A. Vivaldi, und die Kopie wurde von JS Bach in den Weimarer Jahren angefertigt, als Friedemann ein Kind war. Dabei ist das Werk von Wilhelm Friedemann recht umfangreich, es lässt sich bedingt in 4 Perioden einteilen. In Leipzig (vor 1733) wurden mehrere hauptsächlich Klavierstücke geschrieben. In Dresden (1733-46) entstanden vor allem Instrumentalkompositionen (Konzerte, Sonaten, Sinfonien). In Halle (1746-70) erschienen neben der Instrumentalmusik 2 Dutzend Kantaten – der am wenigsten interessante Teil von Friedemanns Nachlass.

Slawisch in Anlehnung an Johann Sebastian komponierte er seine Kompositionen oft aus Parodien auf väterliche und eigene Frühwerke. Ergänzt wird die Liste der Vokalwerke durch mehrere weltliche Kantaten, die Deutsche Messe, einzelne Arien sowie die bereits in Berlin konzipierte unvollendete Oper Lausus and Lydia (1778/79, verschollen). In Braunschweig und Berlin (1771-84) beschränkte sich Friedemann auf das Cembalo und verschiedene Kammermusikwerke. Bezeichnend ist, dass der erbliche und lebenslange Organist praktisch kein Orgelerbe hinterlassen hat. Der geniale Improvisator konnte leider nicht (und strebte vielleicht auch nicht danach), nach Forkels bereits zitierter Bemerkung zu urteilen, seine musikalischen Ideen zu Papier zu bringen.

Die Liste der Genres gibt jedoch keinen Anlass, die Entwicklung des Stils des Meisters zu beobachten. Die „alte“ Fuge und die „neue“ Sonate, Symphonie und Miniatur ersetzten sich nicht in chronologischer Reihenfolge. So entstanden in Halle die „vorromantischen“ 12 Polonaisen, während in Berlin mit einer Widmung an Prinzessin Amalia 8 Fugen entstanden, die die Handschrift des wahren Sohnes ihres Vaters verraten.

„Alt“ und „Neu“ bildeten nicht jene organische „Mischung“, wie sie etwa für Philipp Emanuel Bach typisch ist. Wilhelm Friedemann zeichnet sich vielmehr durch ein ständiges Wechseln zwischen „Alt“ und „Neu“ aus, manchmal im Rahmen einer Komposition. So wird beispielsweise im bekannten Konzert für zwei Cembalos die klassische Sonate im 1. Satz durch die typisch barocke Konzertform des Finales beantwortet.

Sehr vieldeutiger Natur ist die für Wilhelm Friedemann so charakteristische Phantasie. Einerseits ist dies eine Fortsetzung, oder vielmehr einer der Höhepunkte in der Entwicklung der ursprünglichen barocken Tradition. Mit einem Strom von uneingeschränkten Passagen, freien Pausen, ausdrucksstarken Rezitationen scheint Wilhelm Friedemann die „glatte“ strukturierte Oberfläche zu sprengen. Andererseits, wie zum Beispiel in der Sonate für Bratsche und Klavier, in 12 Polonaisen, in vielen Klaviersonaten, bizarre Thematik, erstaunliche Kühnheit und Sättigung der Harmonie, Raffinesse von Dur-Moll-Chiaroscuro, scharfe rhythmische Ausfälle, strukturelle Originalität ähneln einigen Mozart-, Beethoven- und manchmal sogar Schubert- und Schumann-Seiten. Diese Seite von Friedemanns Wesen vermittelt diese Seite von Friedemanns Wesen am besten, übrigens ganz romantisch im Geiste die Beobachtung des deutschen Historikers F. Rochlitz: „Fr. Bach, losgelöst von allem, nicht ausgestattet und gesegnet mit nichts als einer erhabenen, himmlischen Phantasie, wanderte umher und fand alles, was ihn anzog, in den Tiefen seiner Kunst.

T. Frumkis

Hinterlassen Sie uns einen Kommentar